In verschiedenen Diskussionen wurde eine Mutation auf dem Chromosom Canis familiaris 12 (CFA 12) als auslösend für ein erhöhtes Bandscheibenvorfallrisiko bei Hunden genannt. Dies basiert auf einer Studie einer renommierten Forschergruppe der University of California in Davis, die einen Zusammenhang mit einer Retrogen-Insertion auf CFA 12 und einem erhöhten Risiko von Bandscheibenvorfällen bei einer Gruppe von Hunden (primär Nova Scotia Duck Tolling Retrievern) feststellen konnte (Brown et al. - FGF4 retrogene on CFA12 is responsible for chondrodystrophy and intervertebral disc disease in dogs, 2017). Diese Ergebnisse wurden in einem zweiten Studienteil bei Hunden von 26 Rassen (einschließlich einiger Dackel) überprüft.
Auch wenn diese Studienergebnisse einen interessanten Ansatz zur Bekämpfung von Bandscheibenvorfällen bei verschiedenen Hunderassen bieten, ist dieser in der wissenschaftlichen Literatur umstritten: Die ebenfalls sehr renommierte Forschergruppe der Universität von Kopenhagen um Prof. Merete Fredholm verweist in einer nachfolgenden Studie, darauf, dass nur ein Teil der Hunde, die die genannte Mutation tragen, tatsächlich einen Bandscheibenvorfall erleidet, und dass die Mutation auf CFA 12 alleine keine ausreichende Aussagekraft über das Bandscheibenvorfallrisiko ermögliche (Bruun et al. – Breeding schemes for intervertebral disc disease in dachshunds: Is disc calcification score preferable to genotyping of the FGF4 retrogene insertion on CFA12?, 2020). Die Forschergruppe schlägt stattdessen ein Röntgenscoring als geeignete Grundlage für Zuchtentscheidungen vor. Neben erblichen Faktoren spielen zudem auch andere Aspekte wie Haltungsbedingungen, Körpergewicht und eine mögliche Kastration eine relevante Rolle für das Bandscheibenvorfallrisiko (Packer et al. – DachsLife 2015: an investigation of lifestyle associations with the risk of intervertebral disc disease in Dachshunds, 2016).
In Summe muss festgehalten werden, dass die Forschungsergebnisse zu genetischen und anderen Risikofaktoren für Bandscheibenvorfälle bei Hunden nicht so eindeutig sind, wie dies in der öffentlichen Diskussion teilweise dargestellt wird. Aussagen dahingehend, dass „die kurzen Beine“ oder „der lange Rücken“ des Dackels zu einem erhöhten Risiko für Bandscheibenvorfälle (oder gar zwangsläufig zu Bandscheibenvorfällen) führen würden, sind unwissenschaftlich.
Um belastbare Forschungsergebnisse speziell für die Rasse Dackel zu ermitteln, steht der VDH gemeinsam mit dem DTK und dem VJT in Verbindung mit der o. g. Forschergruppe der University of California und der international anerkannten Neurologie-Arbeitsgruppe der Tierärztlichen Hochschule Hannover. An diesen Einrichtungen soll eine Studie durchgeführt werden, die tatsächlich Aufschluss über die relevanten Einflussfaktoren gibt und eine belastbare wissenschaftliche Grundlage für die weitere Diskussion zu diesem Thema liefert.