Tierschutz-Hundeverordnung

Seit 1.1.2022 ist die neue Tierschutz-Hundeverordnung (TierSchHuV) in Kraft gesetzt worden. Diese sieht u.a. ein Ausstellungsverbot für bestimmte Hunde vor:

§ 10 Ausstellungsverbot

  1. bei denen Körperteile, insbesondere Ohren oder Rute, tierschutzwidrig vollständig oder teilweise amputiert worden sind oder
  2. bei denen erblich bedingt

    a) Körperteile oder Organe für den artgemäßen Gebrauch fehlen oder untauglich oder umgestaltet sind und hierdurch Schmerzen, Leiden oder Schäden auftreten,

    b) mit Leiden verbundene Verhaltensstörungen auftreten,

    c) jeder artgemäße Kontakt mit Artgenossen bei ihnen selbst oder einem Artgenossen zu Schmerzen oder vermeidbaren Leiden oder Schäden führt oder

    d) die Haltung nur unter Schmerzen oder vermeidbaren Leiden möglich ist oder zu Schäden führt.

Satz 1 gilt entsprechend für sonstige Veranstaltungen, bei denen Hunde verglichen, geprüft oder sonst beurteilt werden.

Demnach dürfen Hunde, bei denen erblich bedingt Körperteile oder Organe für den artgemäßen Gebrauch fehlen oder untauglich oder umgestaltet sind und hierdurch Schmerzen, Leiden oder Schäden auftreten, nicht ausgestellt werden oder an Sportwettkämpfen teilnehmen. Zu beurteilen ist dies bezogen auf das einzelne Tier, nicht auf die Rasse.

Der VDH unterstützt das Anliegen, die Ausstellung von Hunden mit erblichen Krankheitsmerkmalen zu verhindern. Leider ist das Ausstellungsverbot des § 10 TierSchHuV auslegungsbedürftig, was in der Vergangenheit teilweise zu sachlich nicht gerechtfertigten und überzogenen Auslegungen der Vorschrift geführt hat. So wurden teilweise undifferenzierte pauschale Untersuchungspflichten für alle Hunde, die auf Hundeausstellungen gezeigt werden, angeordnet. In manchen Fällen wurden hierbei weiterführende, für die untersuchten Hunde belastende Untersuchungen gefordert.

Pauschale Untersuchungspflichten und belastende Untersuchungen sind nicht Gegenstand der Tierschutz-Hundeverordnung und der VDH widerspricht überzogenen Auflagen, die nicht im Sinne des Tierwohls sind, und setzt sich stattdessen für eine gezielte, angemessene Umsetzung der Vorschrift ein.

 

Merkmalsliste

Der VDH-Vorstand hat entschieden, die nachfolgenden (erblich bedingten) Merkmale gemäß des rechtlichen Rahmens, den die Tierschutz-Hundeverordnung vorgibt, für alle termingeschützten Veranstaltungen (Ausstellungen, Prüfungen und Wettbewerbe im Hundesport) als verbindliche Ausschlussmerkmale festzulegen. Der Beschluss ist gültig für Veranstaltungen, für die ab dem 1.7.2023 Anmeldungen möglich sind. Bei Merkmalen, deren Bedeutung vor dem Hintergrund der Tierschutz-Hundeverordnung nicht ausreichend wissenschaftlich geklärt ist, unterstützt der VDH Forschungsvorhaben, die die Relevanz dieser Merkmale klären sollen.

Hunde mit folgenden Merkmalen (Erblichkeit wird vorausgesetzt) dürfen nicht an termingeschützten VDH-Veranstaltungen teilnehmen. Es handelt sich nicht um eine abschließende Aufzählung. Es können – in Absprache mit den örtlichen Veterinärämtern - auch andere Merkmale zum Ausschluss nach § 10 TierSchHuV führen, wenn sie die Kriterien der Vorschrift erfüllen.

  1. Störung der Atmung einschließlich Störung der Thermoregulation, pathologische Atemgeräusche, Atemnot, Zyanose, Hyperthermie insbesondere bei brachycephalen Rassen.
  1. Auge inklusive Augenlider:
  • Lidfehlstellungen wie En- und Ektropium (die Merkmale sind bei Vorliegen einer aus ihnen resultierenden klinischen Symptomatik ausschlussrelevant), Exophthalmus
  • Blindheit
  • Strabismus
  1. Neurologische Symptome
  1. Missbildung des Schädels, gekoppelt mit klinischer Symptomatik z.B. offene Fontanellen, unproportionale Verkürzung des Unter- oder Oberkiefers, Sichtbarkeit der Zähne oder der Zunge bei geschlossenem Maul, Brachycephales obstruktives Atemwegssyndrom (BOAS)
  1. Zwergwuchs (hypophysäre Form)
  1. Haut und Haar
    Pigmentierungsbedingte Merkmale (s. PDF „Pigmentierungs-assoziierte erbliche Erkrankungen“):
  • Weißköpfigkeit/Extremscheckung in Zusammenhang mit Taubheit und/oder UV-bedingten Hautschäden (Anmerkung: Audiometrische Messung für Ausstellungszulassung zu invasiv (Narkose). Die potentiell problematische Genanlage führt nicht zum Ausstellungsverbot, bei Eingangskontrollen sollte ein besonderes Augenmerk auf klinische Anzeichen gelegt werden.)
  • Merle-Zeichnung plus überwiegende Weißzeichnung im Kopfbereich, insbesondere unpigmentierte Ohren: Ausstellung nur mit Gen-Test (Zum Ausschluss führen alle Genotypen, die nach dem aktuellen Wissensstand mit einem signifikanten Risiko zur Entwicklung von Beeinträchtigungen der Sinnesorgane verbunden sind.)
  • Colour Dilution Alopecia (Anmerkung zu Colour Dilution: Es besteht noch Forschungsbedarf, um gesund-dilute (z.B. „klassische“ Weimaraner) von krank-diluten (Hunde mit Colour Dilution Alopecia) zu differenzieren.)

Weitere Merkmale im Bereich Haut/Haar:

  • Albinismus
  • Dermoid-Zysten
  • ektodermale Dysplasie: Haarlose Tiere der Nackthunderassen mit klinischen Zeichen wie Komedonenbildung, Hypodontie (s.u.), Zahndefekten oder -fehlstellungen
  • Übermäßige Bildung von Hautfalten (Falten, die Sinnesorgane und/oder Körperöffnungen beeinträchtigen; Falten, die die Bewegung und/oder das arttypische Verhalten beeinträchtigen), Hautfaltendermatitis
  • Fehlende oder gekürzte Vibrissen, auch nach Schur
  1. Zähne:
  • Ausschluss bei erblich bedingtem Fehlen von Canini (Eck- oder Fangzähne), P4/Oberkiefer oder M1/Unterkiefer (Reißzähne, bilden zusammen die Brechschere) oder bei Fehlen von mehr als zwei anderen Zähnen; ausgenommen P1 (Ober- und Unterkiefer) und M3 (Unterkiefer). Der Aussteller hat die Möglichkeit, mit tierärztlicher Bescheinigung nachzuweisen, dass das Fehlen von Zähnen durch Unfall oder nicht-erbliche Krankheit bedingt ist.
  • Zahnfehlstellungen, die mit Verletzungen/Reizungen der Maulschleimhaut oder Verlust von Zahnsubstanz einhergehen.
  1. Lahmheiten
  1. Verkürzte/Missgebildete Rute in Verbindung mit klinischen Symptomen (Dermatitis an der Rutenunterseite, neurologische Ausfälle, Einschränkungen artgemäßer Hygiene und Körperfunktionen aufgrund mangelnder Beweglichkeit der Rute u. ä.)

Breed Specific Instructions (BSI)

Der VDH-Vorstand hat für alle Ausstellungen die Breed Specific Instructions (BSI) in Kraft gesetzt. Die BSI beinhalten Empfehlungen an den Richter, die rassespezifischen Risikobereiche zu beobachten und Probleme sowie die Funktionalität in diesen Bereichen zu beachten. Sie sind eine Ergänzung zum Rassestandard, der rassetypische Merkmale und Verhalten beschreibt.

Ein Richter hat u.a. die Aufgabe Übertypisierung und gesundheitsgefährdende Auswirkungen bei den Rassen zu verhindern. Dies ist im Ausstellungsring zu berücksichtigen, in dem hohe Auszeichnungen für entsprechende Rassevertreter vermieden und stattdessen Exemplare mit der optimalen Kombination aus Rassetyp sowie Gesundheit und Funktionalität ausgezeichnet werden.

Die in den BSI aufgeführten Rassen wurden auf der Grundlage des geschätzten Risikos gesundheitsgefährdender Übertreibungen der Rassenmerkmale und einer möglichen irreführenden Interpretation des Standards ausgewählt.

Es handelt sich bei den aufgeführten Bewertungskriterien und der Auswahl der Rassen nicht um einen statischen Leitfaden. Vielmehr sind die BSI ein dynamisches Werkzeug, dass wir gemeinsam ständig weiter entwickeln möchten. Vorschläge der Richter, der Rassehunde-Zuchtvereine und des Wissenschaftlichen Beirats sind sehr willkommen und fließen in die BSI ein. Die Richter müssen für die in den BSI aufgeführten Rassen nach der Bewertung einen Fragebogen ausfüllen und über den Sonderleiter beim VDH einreichen.

Wir verfolgen mit den BSI das Ziel, weiterhin gesunde Rassehunde ohne gesundheitsgefährdende Übertreibungen im Ausstellungsring zu sehen und damit auch für die zukünftige Existenz unserer Rassen Sorge zu tragen.

 

Umsetzung auf Ausstellungen

Der VDH ist Veranstalter der größten Hundeausstellungen Deutschlands (Dogs & Fun, Hund & Pferd), die zweimal jährlich in der Messe Dortmund durchgeführt werden. In enger Absprache mit dem Veterinäramt Dortmund wird folgendes Konzept zur Umsetzung der TierSchHuV umgesetzt:

  1. Klinische bzw. Spezialuntersuchung für bestimmte Hunderassen
  2. Stichprobenartige Kontrollen aller Hunde

Klinische bzw. Spezialuntersuchung für bestimmte Hunderassen

Bei den Hunden bestimmter Rassen, die zur Ausstellung gemeldet sind, muss im Vorfeld eine allgemeine tierärztliche Untersuchung und/oder Spezialuntersuchung durchgeführt und mit den VDH-Formularen bescheinigt werden. Hunde der nicht genannten Rassen müssen als Voraussetzung für eine Ausstellungsteilnahme nicht vorher beim Tierarzt vorgestellt werden.

Die Übersicht der Rassen finden Sie auf den Veranstaltungsseiten: Dogs & Fun, Hund & Pferd und German Winner Show

Stichprobenartige Kontrollen aller Hunde

Der VDH führt nach behördlichen Vorgaben auf der Ausstellung stichprobenartige Kontrollen der gemeldeten Hunden durch.

Sofern ein Hund bei diesen Kontrollen eines der unten aufgeführten Merkmale bzw. relevante Erkrankungen i. S. d. § 10 S.1 Nr. 2 TierSchHuV aufweist, muss der Hund durch das zuständige Veterinäramt oder den Veranstalter im eigenen Ermessen von der Veranstaltung ausgeschlossen werden.

Weitere Informationen zu stichprobenartige Kontrollen

Um die Belastung für die Hunde beim Einlass zu vermeiden, finden diese tierärztlichen Kontrollen unmittelbar nachgelagert im Eingangsbereich statt. Die Halter/Aussteller der Hunde werden am Eingang beim Scannen der Tickets informiert, wenn ihre Tiere für eine Kontrolle vorgesehen sind und auf die Untersuchungsräume im Eingangsbereich verwiesen. Die Kontrolle erfolgt, bevor die Halter/Aussteller zu den Ringen gehen. Die Sonderleiter erhalten die Information, welche Hunde kontrolliert werden. Erst danach und im Fall des Nachweises, dass die Kontrolle stattgefunden hat und keine tierärztlichen Bedenken an der Teilnahme des Hundes bestehen, ist der Hund für die Bewertung im Ring zugelassen.

Darüber hinaus können Kontrollen in den Hallen durchgeführt werden. Alle Hunde, die an den Finalwettbewerben im Ehrenring teilnehmen, werden zusätzlich tierärztlich im Vorring kontrolliert.

Damit eine möglichst effektive Auswahl der Stichproben gewährleistet wird, werden bekannte Rassedispositionen hierbei berücksichtigt. Bei den Kontrollen liegt der Fokus auf sichtbare Merkmale, die keine eingehende tierärztliche Untersuchung erfordern.

Sofern ein Hund eines der aufgeführten Merkmale bzw. relevante Erkrankungen i. S. d. § 10 Nr. 2 TierSchHuV aufweist, kann der Hund durch das zuständige Veterinäramt oder den Veranstalter im eigenen Ermessen von der Veranstaltung ausgeschlossen werden.

Das Konzept wurde bereits auf verschiedenen Veranstaltungen erfolgreich umgesetzt.